Rügen im Juni 2020
Im Juni 2020 hatten wir das große Glück, am Ende des ersten Lockdown nach Juliusruh auf Rügen in eine Ferienwohnung fahren zu können.
Normalerweise ist eine solche Unterkunft schwer zu bekommen. Mit etwas Glück vermochten wir den vielen Stornierungen Anderer eine positive Seite abgewinnen.
Die Wohnung war im oberen Stock eines nach der Wende gebauten Ferienimmobilie und in einem tollen Zustand. Zwischen den Häusern und der Ostsee waren nur der Dünenstreifen mit den üblichen Kiefern und die Strandpromenade. Wir hatten einen sehr schönen Blick auf die Tromper Wiek Richtung Nordosten.
Juliusruh ist nicht am Ende der Welt, aber dieses ist irgendwie doch sichtbar von dort. Eigentlich heißt der Ort Breege/Juliusruh, wobei Juliusruh an der Ostseeseite liegt und Breege mit seinem Fischerhafen auf der Boddenseite.
Ich war zum letzten Mal 1981 in Breege. Der damalige Anlass war die Teilnahme am obligatorischen GST-Lager, eine Pflichtveranstaltung für Abiturienten in der DDR. Aber das ist eine andere Geschichte.
Juliusruh ist ein kleiner, charmanter Ferienort, der sich von seinem Flair her bisher nicht entscheiden konnte, ob die DDR nicht mehr oder doch noch ein bisschen existiert. Wer Party erwartet, ist dort definitiv falsch.
Wir wollten nach dem Bezug der Wohnung einfach nur ein Bier oder einen Aperol-Spritz trinken. Nee, nee, nee, das war nicht so einfach. In den ersten beiden Lokalitäten wurden wir auf unnachahmliche Art gefragt, ob wir Hotelgäste seien und nach einem „Nein“ ganz selbstverständlich abgewiesen. DDR 2.0 sozusagen, so wie bis 1989 das Personal in den leeren Gaststätten herrschte und nach Lust und Nase über die Gnade eines Tisches entschied.
In der Seemannsstube der Pension am Strand waren wir dann richtig. Unsereiner bekam einen schönen Platz im Garten und wurde aufmerksam umsorgt. Dort stand für den nächsten Tag Haxe auf dem Programm, so dass wir gleich einen Tisch reserviert haben.
Was macht man Anfang Juni an der Ostsee? Für einen Bade- und Strandurlaub war es bis auf zwei Tage noch zu kalt.
Fotografieren, klar, Motive gibt es dort genug.
Ganz ehrlich, viel umhergefahren sind wir nicht. Meist waren wir am Strand unterwegs. Einzig einen Ausflug zum Königsstuhl haben wir gemacht. Dazu fährt man zum Grossparkplatz Hagen, stellt sein Auto ab und hat dann die Wahl einen Shuttle-Bus zu nehmen oder zu laufen.
In einen vollen Bus mit zig weiteren Touris wollten wir auf keinen Fall und sind gelaufen. Der Weg führt durch den schönen Buchenwald des Nationalparks Jasmund am sagenumwobenen Herthasee vorbei zu einem anderen Parkplatz für die Reise- und Shuttle-Busse kurz vor dem Königsstuhl. Leider kann man immer noch nicht mit dem Bus auf den Kreidefelsen. Für viele ist das sicher unbequem. Das Nationalparkzentrum und der Königsstuhl kosten €10 Eintritt für Erwachsene und wir hätten anstehen müssen. Darauf hatten wir keine Lust, besonders Claudia nicht. Dirk war es egal, ob er für ein Foto auf den Kreidefelsen kommt oder nicht. Er hat als Kind in Binz gewohnt und diesen Ort schon viele Male besucht, sowohl oben auf dem Felsen als unten.
Victoria-Sicht
na ja, fast, denn auch dort hätten wir anstehen müssen.
Wir sind gleich zur Victoria-Sicht weitergelaufen. Auch hier, Anstehen. Kurz vorher gibt es eine kleine Stelle, von der man den berühmten Kreidefelsen fast genauso gut ablichten kann. Polfilter nicht vergessen!
Will man an diesen Orten seine Ruhe haben, ist vor Sonnenaufgang eine Möglichkeit, okay vielleicht nicht im Juni, oder den Weg am steinigen Strand entlang nehmen bzw. auf die Abendstunden ausweichen, wenn die Massen an den Futtertrögen sitzen.
Aber Achtung, bitte niemals nach starken Regenfällen den Weg unterhalb des Steilufers am Strand entlang laufen. Immer wieder kommt es vor, dass sich nicht gerade kleine Teile der Kreidefelsen lösen, an den Strand fallen und den Weg versperren. Leider hat es in der Vergangenheit schon mehrere tödliche Unfälle gegeben. Im Zweifel sorgt ein Anruf bei den Rangern des Nationalparks für mehr Sicherheit.
Die Nächte Anfang Juni bieten spannende Gelegenheiten, besondere Lichtstimmungen einzufangen. Juliusruh liegt immerhin auf 54° Nord. Das bedeutet, dass die Sonne kurz vor 22:00 Uhr unter und gegen 04:30 Uhr schon wieder aufgeht. Die blaue Stunde am Morgen und Abend dauert fast 60 Minuten. Der nächtliche Tiefststand der Sonne ist ca. 12° unter dem Horizont. Mit anderen Worten, es wird nicht richtig dunkel. Sterne lassen sich so nicht so gut fotografieren, die Lichtstimmungen über der Ostsee gleichen das aus unserer Sicht mehr als aus.
An dieser Stelle möchten wir einen wichtigen Hinweis geben. Der Abstand zwischen Ostsee und Boddengewässern ist nirgends richtig groß. Die Boddengewässer sind stehende mit viel Schilf. Es gibt Myriaden von Mücken. Wer hier ohne Mückenschutz Langzeitbelichtungen schafft, hat unseren größten Respekt. Wir hatten durchstichfeste Kleidung und haben uns das Mückenzeug bei geschlossenen Augen sogar ins Gesicht gemacht, auf die Hände sowieso.
Schöne Motive, die nicht so bekannt sind, waren für uns der Nordstrand bei Kap Arkona und die Kreuzbuhne bei Dranske.
Am Nordstrand ist ein kleiner gebührenpflichtiger Parkplatz. Eine Holztreppe führt am Steilufer hinunter an den steinigen Strand. Hier wird man nur wenige Menschen, meistens Fotografen, antreffen.
Die Kreuzbuhne findet sich hier: 9F6MJ6CG+66 Google Plus Code. Der Parkplatz ist in unmittelbarer Nähe. Hier bietet sich der Blick Richtung Hiddensee und Dornbusch mit der Buhne im Vordergrund. Langzeitbelichtungen der Ostsee sind sehr gut möglich.
Der kleine Hafen von Breege am Bodden ist wirklich sehenswert. Vor allem aber kann man wunderbar frischen oder geräucherten Fisch essen.
Putbus und Lauterbach waren noch zwei der Orte, die wir besucht haben.
Putbus ist im Zentrum von einem Park und den Gebäuden um den Circus geprägt. Wilhelm Malte I ließ diese Anlagen im 19. Jahrhundert errichten. Er ließ unter anderem das Badehaus Goor und das Jagdschloss Granitz bauen.
In Putbus befindet sich ein kleiner Laden von Nordwolle. Wer Bekleidung aus wirklich nachhaltiger Herstellung sucht, wird dort garantiert fündig.
Lauterbach ist im Grunde genommen der Hafen von Putbus. Von hier hat man einen Blick auf die Insel Vilm. Früher wurden hier die hölzernen Fischkutter gebaut und repariert. Diese Tradition wird von Bootsbau Rügen mit dem Bau von Segelyachten fortgesetzt.
Wenn man Putbus über die L29 Richtung Nadelitz verläßt, findet sich eine wunderschöne Alleenstraße. Diese Straße ist nicht so stark befahren, wie die üblichen Touristenwege und bietet gute Motive.
Rügen ist eine schöne Insel und ein Besuch sicher lohnend. Mit den vielen Touristen muss man sich arrangieren und versuchen, den Massen zu anderen Zeiten aus dem Weg zu gehen. Für Dirk ist Rügen immer mit Heimatgefühlen verbunden. Bis 1977 hat er in Binz 200m vom Strand gewohnt, der schönste Teil bleibt für ihn die Halbinsel Mönchgut.