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Selbstbewusst, das Abenteuer als Frau allein in die USA

Ich fliege als Frau selbstbewusst allein in die USA, Kalifornien.

Was für ein Jahr. Endlich hatte ich den Entschluss gefasst, meine Arbeitsstelle zu wechseln. Die Umstände im öffentlichen Dienst waren für mich nicht mehr zu ertragen.
Diese Reise sollte mir helfen, Abstand zu vielen Geschehen zu gewinnen, um 2024 im neuen Job unbekümmert und frei anfangen zu können.

Nikolaus 2023 war mein allerletzter Arbeitstag im alten Job. Morgen würde ich den Koffer packen, online einchecken und übermorgen nach San Diego fliegen.

Bis zum Check-In hat alles blendend funktioniert.
Doch merke: „Und ist ein Plan auch wohl gelungen, gewiß verträgt er Änderungen.“
Gebucht hatte ich FRA-MUC, MUC-SAN, eingecheckt, Bordkarten im Wallet. Dann diese Mail: „Ihr Flug FRA-MUC ist annulliert“.
Okay, die werden mich schon umbuchen. Hätten sie sicher gemacht, jedoch war bis zum späten Abend das Buchungssystem der Lufthansa offline.
Das war der Moment, an dem ich die ganze Reise am liebsten annulliert hätte. Geschlagene sieben Stunden habe ich mich in den Portalen der Lufthansa herumgeschlagen. „Sie sind auf Nummer 61 in der Warteschleife.“
Wie soll ich nach München kommen, denn ratet mal, wer streikt? Klar, die Bahn.

Gegen halb sieben abends hatte der Chat-Bot ein Einsehen mir und bot einen Flug Frankfurt – Chicago, mit einem Weiterflug nach San Diego an, Ankunft SAN ca. 18:30 Uhr. Puuhhh …

Mit meinem Dirk habe ich die USA-SIM-Karte aktiviert und alles war soweit vorbereitet. Er konnte leider nicht mitkommen; die Arbeit ging vor. Sonst gäbe es diesen Bericht nicht.

Ich wollte nichts als nur allein sein, spazieren gehen, fotografieren, shoppen, lesen, schlafen.

08.12.23

Dirk bringt mich zum Flughafen. Ich habe unendlich Zeit. Der Flieger ist außerdem eine Stunde zu spät, enteisen, auf einen Slot warten usw. Da es eine A340-600 ist; die mit dem Vogelschlag von hinten, holt sie, wohl auch wetterbedingt, nichts auf. Aus meinen gemütlichen drei Stunden in Chicago sind zwei geworden, in denen die Immigration, die neue Sicherheitskontrolle und der Terminalwechsel erledigt werden wollen.
Schnell das mitgenommene „Pausenbrot“ weggeworfen, damit der „Kontrollhund“ mich nicht erwischt und in den Zug von Terminal 5 zum Terminal 1. Das Gate habe ich nach der Sicherheitskontrolle mit einer Punktlandung zum Boarding erreicht. Noch vier Stunden bis San Diego.

Seit 28 Stunden bin ich auf den Beinen und funktioniere nur noch automatisch. In der Autovermietung möchte man mir ein Upgrade geben. Nein danke, das Auto ist mir zu groß. Zwei Mal rechts, ein Mal links Abbiegen und ich bin auf dem Highway nach Norden. Die Scheiben sind beschlagen und ich zu müde, mich durch die Klimaanlage zu fummeln. Aber hey, Dezember, draußen sind 20°, Seitenscheiben runter und schon sind sie frei.
Jetzt einen kurzen Stop bei Ralph’s, um morgen etwas zu Essen zu haben und ab in die Casita, Door-Code, parken, geschafft.

09.12.23

Die Krux bei neun Stunden Zeitverschiebung ist das frühe Wachwerden am ersten Tag. Als ich aufstehe, ist es noch dunkel. So gibt es Kaffee und eine erste Leserunde.
Dirk hatte mir einige Bücher auf mein iPad geladen, die ich mit einer Reihe finnischer Krimis beginne. Wenn man die liest, will man nie nach Finnland.

Später gibt es die Morgenrunde mit dem Hund. Den Rest des Tages verbringe ich faul. Zudem scheint sich der Blutdruck ebenfalls im Urlaub zu befinden, aber nicht mit mir gemeinsam.
Das Highlight des Tages wird ein Abendessen mit der Familie beim Japaner. Dort wird vor uns, direkt auf dem Tisch, das Essen zubereitet. Ich bin kein Fan von Fisch und Sushi und es gibt dazu etwas anderes, aber es ist außerordentlich gut. Natürlich esse ich viel zu viel.

10.12.23

Heute früh zahle ich für das zu üppige Mahl von gestern mit ordentlichen Bauchschmerzen. Grüne Wiese, weißes Einhorn…
Ich genieße den paradiesischen, bunten Garten und lese mich durch den weiteren Tag.
Abends findet hier die Weihnachtsfeier der Musikschule statt. Die Darbietungen sind allesamt hörenswert und ich bekomme ein bezauberndes Konzert frei Haus.
Der Sonnenuntergang über dem Pazifik macht seinem Namen ebenso alle Ehre.

11.12.23

Kurz entschlossen raffe ich mich auf und fahre in die Premium Outlets South nach Süden. In der Tat nimmt man die allerletzte Ausfahrt vom Highway, bevor die mexikanische Grenze kommt.
Direkt hinter der Grenze weht eine gigantische mexikanische Flagge. Ebenso eindrucksvoll sind die Sicherungsanlagen, inklusive eines hohen Zaunes und vielfältigen, anderen Installationen. Tijuana hinter der Grenze ist die Stadt mit der höchsten Mordrate der Welt; ein Knotenpunkt der illegalen Migration und des Drogenschmuggels in die USA. Für mich ist es definitiv kein erstrebenswertes Reiseziel, zumal ich mit meinem Mietauto die Grenze nicht passieren dürfte.

Direkt davor liegt ebendieses Outlet mit den üblichen Geschäften, die man in den USA in einer Simon-Mall findet. Mich drängelt und quengelt niemand und so lasse ich mir Zeit beim Stöbern und Kaufen. Wer hier nichts bekommt, dem ist nicht zu helfen.
Kleiner Tipp, früh kommen sichert die besten Plätze, oder anders gesagt, es ist nicht so voll in den Läden, außer im Nike-Store, vor dem es immer eine lange Schlange zu geben scheint.

Am Nachmittag helfe ich der Cousine meines Mannes, Nadya, die letzten Vorbereitungen für die YMCA-Party zu treffen. Zwei Frauen rennen mit Strahlern und Kabeltrommeln durch den Garten und versuchen, die Einfahrt stylisch zu beleuchten. Wir haben reichlich gelacht und ja, es ist uns gelungen.

12.12.23

Was, heute soll ein fauler Tag sein?
Ich mache mich auf den Weg, zu Black’s Beach. Runter ist doch immer mühelos, nur doof, daß ich später alles wieder hochlaufen muß.
Die Flut steht heute fast am Fuß des Kliffs. Wer Sand aus Sneakern braucht, kann sich gern bei mir melden. Das Trocknen der Schuhe in der Sonne hat nahezu zwei Tage gedauert. Und dabei sind das noch nicht die King Tides. Die kommen erst zum Jahreswechsel, bzw. im Januar.

Da sitzen dann Leute im Restaurant The Marine Room; klar, absolut kleine Preise und neben ihnen klatschen die Wellen der Brandung bei Flut mannshoch an die Scheiben. Im Ernst, man kann dort extra „High Tide Dinner“ buchen, aus einem Kalender der speziellen Flutereignisse. Ich weiß nicht so ernstlich, ob ich das romantisch finden soll. Auf ein helles Kleid und Rotwein würde ich sicher verzichten, aus Angst, zu erschrecken und selbst eine High Tide aus Cabernet Sauvignon zu haben.

In San Diego, sowie im Hinterland haben eine ganze Reihe von „Ananas-Stürmen“ eine Menge Regen gebracht. Ha, zum Glück kamen die heftigen erst, als ich wieder zuhause war. Den lustigen Namen haben diese Tiefdruckgebiete, weil sie sich in der Gegend von Hawaii bilden und dann über den warmen Pazifik ziehen. Und Hawaii ist nun mal die Mutter aller Ananas-Gebiete.

Wie gesagt, unten die Flut am Fuß des Kliffs und von oben der Regen, der teilweise über die Straßenentwässerung direkt an den Strand geleitet wird. Das führt zu einer beschleunigten Erosion, die man förmlich im Zeitraffer sehen kann.

Zum Abend bin ich nach Del Mar gefahren. Ich liebe diesen kleinen Ort. Von der Anhöhe kann man ausgezeichnet nach La Jolla und auf den Black’s Beach schauen. Der Sonnenuntergang war so lala.
Immerhin bin ich heute 7,5 km oder 12.000 Schritte gelaufen.

13.12.23

Ich habe bisher nichts von meinem Spielkameraden erzählt. Sie heißt Keiko und ist ein Boarder Collie. Sie scheint mir nicht wesensfest zu sein und wirkt dadurch unsicher, zeigt jedoch auf das typische Verhalten eines Hütehundes. Wir konnten uns aneinander gewöhnen und mittlerweile werde ich ständig, also ständig dazu aufgefordert, mit ihr zu spielen. Frisbee-Scheibe werfen, Ball werfen, Zottelstrick werfen. Ihre Energie ist unendlich. Nicht mal in Ruhe Fotografieren läßt sie mich. Ich stehe zum Abend an meinem Lieblingsmotiv und werde immerzu von hinten angestupst. „Was machst du da Langweiliges, spiel mit mir!“

Die Weihnachtssterne habe ich dann heute auch mal zusammengebaut, echte Herrnhuter Sterne.

14.12.23

Gefühlt, bin ich mittlerweile wirklich angekommen und habe meine Mitte gefunden. Und so war heute ein Besuch der großen UTC-Mall fällig. Ich habe mir vieeeel Zeit genommen, ganz am Rand geparkt und eine Menge Läden erkundet. Manchmal ist es angenehm, nicht gedrängelt zu werden.

Zum Abend gab es einen Strandspaziergang von Del Mar aus. Leider zeigte sich der Himmel weitestgehend bedeckt, so daß nicht viele schöne Bilder entstanden sind.
Immerhin bin ich insgesamt auf 9 km gelaufene Wegstrecke gekommen.

Zwischen La Jolla und Del Mar

15.12.23

Für heute hatte ich eine Auftragsarbeit. Dirk wollte unbedingt Bilder von Black’s Beach und dem Torrey Pines Cliff zur goldenen Stunde haben. Auf mein Mobiltelefon bekam ich aus Deutschland die Daten des Sonnenunterganges, der goldenen Stunde und natürlich; ganz wichtig, die der maximalen Ebbe.

So bin ich pünktlich nach Del Mar gefahren und habe einen ausgedehnten Spaziergang gemacht. Das Wetter und der Sonnenuntergang haben sensationell mitgespielt. Die Bilder sprechen für sich. Selbst deutlich nach dem Versinken der Sonne im Pazifik gab es eine dramatische Lichtstimmung und die Spiegelung des Himmels im nassen Sand bei Ebbe. Die Einstellungen der Q wanderten sukzessive zu 1/15, f/1.7 und ISO über 3200. Und da ist ohne Stativ Feierabend. Ich schleppe doch kein Stativ kilometerweit über den Strand, oder?

16./17.12.23

Wo war ich denn diese Woche noch nicht? Richtig, am Strand von La Jolla Shores. Hopps ins Auto und hingefahren.
Der Spaziergang war ein Traum. Ich bin erst Richtung Marine Room gelaufen. Dort ist der Strand zu Ende. Um weiterzukommen müßte man schwimmen. Mit meiner Q ist das eine blöde Idee.

In die andere Richtung liegt Scripp’s Pier. Warum nicht, dort wollte ich schon immer mal hin. Der Wasserstand war auffallend niedrig; keine Ahnung, ob das noch ablaufendes oder bereits wieder auflaufendes Wasser, Hauptsache der Strand war breit. Na ja, es sind ein paar Kilometer zusammengekommen.
Theoretisch kann man bei Ebbe von Shores zum Black’s Beach laufen. Es gibt eine Stelle, bei der man über nasse Steine klettern muß; nicht so mein Ding. Schlauerweise hatte ich das Auto bei Shores geparkt, so daß eine solche Aktion nicht in Frage kam.

Auf jeden Fall hatte ich ein paar schöne Strandbilder mit tollem Licht gemacht.

18.12.23 Rückflug

Und dann geht es schon zurück nach Deutschland. Die Zeit ist mal schnell und mal langsam vergangen, aber es reicht jetzt. Auf jeden Fall ist es neun Bücher später.
Mit Keiko bin ich immer besser zurechtgekommen. Sie liegt mittlerweile morgens vor meiner Tür und wartet auf mich. Als ich den Koffer zum Auto trage, trollt sie sich und schaut mich traurig an.

Dirks Onkel bekommt einen lieben Dankesbrief und ich mache mich auf den Weg zur Rental Car Station. Der Online-Check-In hatte nicht funktioniert, und ich habe keine Bordkarten, bin von daher ein bißchen nervös und viel zu früh am Flughafen. Dabei weiß ich genau, wo ich hin muß und die Bordkarten sind ruck zuck in meinen Händen. Ich kenne den netten Mitarbeiter von United Airlines von vorherigen Reisen. Vielleicht hat er mich auch erkannt. Zu fragen traue ich mich nicht.

Anflug auf LAX

Das erste Leg ist ein kurzer Hopser von San Diego nach Los Angeles. Dort wartet nicht die 747 nach Frankfurt, weil die bisher nicht angekommen ist. Dirk hatte mir geraten, in LAX etwas zu essen und das auf seine Art, mir vorzurechnen, wie lange es dauern würde, bis es im Flugzeug was gibt. Ich entscheide mich für einen frischen Salat mit Putenstreifen für $20 und futtere den komplett auf. Satt und zufrieden steige ich drei Stunden später in den Flieger und Dirk hatte wie immer recht. Es dauert ewig, bevor dort „serviert“ wird.

Dann gibt es diese „speziellen“ Menschen im Flugzeug, die einen besonderen Platz wünschen und für ihre Mitreisenden einfach nur mega nervig sind. „Den Aufforderungen des Bordpersonals ist unter allen Umständen Folge zu leisten.“ Ist doch voll normal, neben mir zu stehen, wenn das Flugzeug schon rollt, weil sie meinen Platz will. Sie mußte mehrfach energisch aufgefordert werden, sich endlich zu setzen und sich anzuschnallen.

Kaum sind wir in der Luft, steht sie schon wieder neben mir. Ein Blickkontakt mit der Stewardess signalisiert mir, mit dieser nach hinten zu gehen. Zu guter Letzt habe ich Ruhe, meinen Gangplatz und für den Rest der Reise beim Kabinenpersonal einen Stein im Brett. Nachts höre ich die Damen über die schrecklichen Passagiere des heutigen Fluges flüstern.

Und dann bin ich wieder in Frankfurt und es ist fast Weihnachten.
Ich bin froh und stolz auf mich, diese Reise allein gemacht zu haben.

Alle Bilder sind mit einer Leica Q (Typ 116), meinem Baby entstanden.

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