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Voigtländer 15 mm Super Wide Heliar asphärisch f/4.5 VM

Das Voigtländer 15 mm Super Wide Heliar asphärisch f/4.5 VM von Cosina in Japan liegt mittlerweile in der 3. Version vor.
Es hat den enormen Bildwinkel von 110°, wiegt 247 g und eine Baulänge von 55,2 mm. Die Streulichtblende ist fest verbaut. Filter trägt es in Größe 58. Fraglos ist das Einbringen recht fummelig.
Optisch hat es 11 Linsen in 9 Gruppen. Die Naheinstellgrenze mit dem Messsucher liegt wie immer bei 70cm, mittels LiveView lässt es sich bis 50cm scharf stellen. Die Anfangsöffnung ist f/4.5, wie aus der Bezeichnung unschwer erkennbar ist.

Laut Cosina ist die Version III im Randbereich besser farbkorrigiert als die Vorgänger. Diesbezüglich konnte ich mangels einer anderen Version keinen Vergleich anstellen. Abgesehen davon halte ich das für nicht wichtig, solange es nur chromatische Aberrationen sind. Wenn sich ganze Bildbereiche einfärben, hört der Spaß auf.

Mit dem oben genannten Bildwinkel von 110° gehört es für mich in die Kategorie der Superweitwinkelobjektive. Die Anfangsöffnung von Blende 4.5 mag nicht total spektakulär erscheinen, gleichwohl ist es bei diesem Wert schon fast von vorn bis unendlich scharf. Abgeblendet auf f/8 reicht dieser Bereich über die gesamte Bildtiefe.

An der Leica M10 erübrigt sich nahezu, aufgrund der großen Tiefenschärfe, das Fokussieren mit dem Messsucher. Der Fokusring ist dessen ungeachtet gut beweglich und hat einen erfreulich definierten Widerstand. Da bei einer M der Bildrand im Messsucher dem 28mm Objektiv entspricht, braucht man zum Komponieren des Ausschnittes entweder einen Aufsatz, optisch oder digital oder bemüht den LiveView. Ich wage hier zu behaupten, dass man auf Letzteren mit einiger Übung sogar verzichten kann.
Der Blendenring bewegt sich ab f/5.6 in gut definierten, halben Schritten.

Die Offenblende von 4.5 deutet darauf hin, dass man keine ausnehmenden 3D-Pop Freistellungsergebnisse erzielen wird. Das ist in der Tat der Fall. Ich denke, dass das technisch, bei der geringen Größe des Objektives, nicht erwartet werden darf.

1/50s, f/4.5, ISO 1600

15mm Brennweite sind in Bezug auf Verzeichnungen und Randunschärfen ohnehin problematisch. Ich weiß nicht, wie ein solches Objektiv, perfekt korrigiert, bei f/1.4 aussehen würde, stelle mir dessen ungeachtet vor, dass es dreimal so groß wie die M10 wäre, demzufolge schlicht unpraktisch, vom Preis absolut zu schweigen. Ich habe dabei das phantastische Sigma 50mm f/1.4 ART im Kopf, scharf, weiches Bokeh, drei mal so groß wie das Voigtländer und das bei 50mm Brennweite.
Bei f/4.5 ist es für mich ausreichend scharf bis an den Rand. Der geneigte Pixel-Peeper mag mir gern widersprechen.

1/130s, f/4.5 ISO 200
Denkmal für die Transporte nach Auschwitz am Bahnhof Friedrichstrasse

Verzeichnung:
Das ist ein Ultraweitwinkel. Logischerweise muss es an den Rändern Verzeichnungen und Verzerrungen geben.
Die Anfangsblende ist 4.5 und so sollte Coma keine große Rolle spielen.

1/15s, f/4.5, ISO 5000

Blendenlamellen:

Gibt es Voigtländer-Objektive, die nicht 10 Blendenlamellen haben? Dieses hat wie üblich 10 und produziert, in die Sonne gerichtet, effektvolle Sonnensterne, auch wenn dieser hier nicht so stark auffällt.

Vignettierung:

Ja, dieses Objektiv vignettiert, ja, obendrein jenseits von f/4.5. Bei f/16 setzt deutlich sichtbare Diffraktion ein, dafür ist die Vignette weg. Und das ist dann erst recht egal.
In Lightroom gibt es ein Korrektur-Profil für das Voigtländer Super Wide Heliar III. Das hat wie immer den Nachteil, dass es die Vignettierung zu korrigieren versucht. Dazu werden die Bildränder teilweise um mehr als 2EV angehoben. Logischerweise handelt man sich damit unerwünschtes Rauschen ein. Ich benutze das Profil nur, wenn Linien in der Bildmitte sind, die verzogen wirken. Die Vignettierungskorrektur stelle ich dabei auf 25%. Meistens sind mir geringe Verzeichnungen egal.

Belichtungszeiten:

Bei der Leica M10 komme ich mit der Faustformel t=1/f leicht zurecht. Das heißt hier, dass Zeiten von 1/15s kein Stativ erfordern, vorausgesetzt, dass die Temperaturen nicht allzu weit unterhalb des Gefrierpunktes liegen und man nicht vor lauter frieren zittert. Ab 1/8s wird es naturgemäß noch schwieriger.
Die fünfzehntel Sekunde kompensiert dabei einen großen Teil der „scheinbaren“ Lichtschwäche. Umsonst ist das durchaus nicht. Sich bewegende Personen werden unter akutem „Motion Blur“ leiden.
Das ist nicht jedermanns Geschmack. Mich stört es normalerweise nicht, so es in den Bildkontext passt. Einen Tod muss man immer sterben.

1/15s, f/4.5, ISO 1250

Bildwirkung:

Auf dieses Objektiv muss man sich einlassen. Wer mit einem Superweitwinkel nichts anfangen kann, wird damit keine Freude haben. Die Kontrolle der Bildränder wird ihn in den Wahnsinn treiben.
Ich hatte schon mit dem 21mm Color Skopar meinen Spaß. Das Super Wide Heliar ist dazu eine deutliche Steigerung.
An einem Wochenende in Berlin habe ich erst zum 50mm Summicron gewechselt, als Fotos vom Enkelkind an der Reihe waren.

Personen aus der Nähe sollte man tunlichst gen Bildmitte rücken, will man vermeiden, dass sie aussehen, als wären sie vom Bus gestreift und verformt worden oder in die Nähe des Ereignishorizontes eines Schwarzen Loches geraten.
Beim Thema Street muss ich aus meiner Komfortzone und deutlich näher ran.

Architektur:

Logisch, dafür sind solche Dinger gebaut. Rectlinear abbildend, bieten sie unzählige Möglichkeiten, ganze Gebäude ins Bild zu rücken. Wenn man einen Blick für Linien hat, fällt man förmlich über Motive.
Die perfekte Symmetrie des Motives habe ich anzustreben versucht. Das ist indes nicht unproblematisch und erforderte zum Teil eine Anzahl von Versuchen. Dabei habe ich den LiveView benutzt und mich an den Hilfslinien orientiert. Sagen wir mal so, manchmal war ich erfolgreich.

1/15s, f/4.5, ISO 800


Zur Architektur gehören desgleichen Innenräume. Geht mit dem Teil in die Mall of Berlin oder eine große Kirche. Nehmt einen Ersatzakku mit.

Farbrendering an der Leica M10:

Nach den Bildern in der Mall of Berlin und im KaDeWe war ich begeistert von den Farben. Unter Umständen lag das an der geschickten Beleuchtung in den Gebäuden, unbestreitbar sind dort Profis unterwegs. Den Eindruck würde ich mit warm, aber knackig beschreiben. Die M10 hatte, dank meiner Nachlässigkeit, das Profil für das alte Leitz 50mm gewählt. Es könnte somit daran gelegen haben.

Landschaft:

Landschaftsaufnahmen mit einem 15mm Objektiv sind aus meiner Sicht nicht anspruchslos.
Die Gefahr, alles abbilden zu wollen, lässt ein Foto schnell in Informationen „absaufen“. Zudem finde ich es schwierig, mit dem Bildwinkel von 110° einen brauchbaren Vordergrund zu gestalten. Flugs passiert es, dass vorn nur „nichts“ ist.
Für diesen Beitrag habe ich in unserem Lightroom-Katalog keine schönen Beispiele gefunden.

Astro:

Den ersten Astroversuch habe ich ausgerechnet an einem Vollmondabend unternommen. Das bedeutete, es war nicht vollständig dunkel.
Mein Motiv sollte der Orion sein, wie er vom Berg oberhalb von Grünstadt im Februar am Abend sichtbar ist. Der Mond stand schon 20° über dem Horizont und schien von Osten ins Bild. Der Vordergrund gibt im Winter haufenweise „nichts“ her. Links befinden sich ein stattlicher Walnussbaum und rechts zwei ältere Windräder. Richtung Süden erkennt man ein paar rote Lichter von Masten, die auf dem Haardtrand stehen. Ein Vollmond reduziert die Zahl der sichtbaren Sterne beträchtlich (NELM (naked-eye limiting Magnitude)). Den Weißabgleich hatte ich in LR auf 4.000K gestellt.

Das Handling des Voigtländer ist denkbar unkompliziert, Fokus auf unendlich, Blende auf f/4.5 (wow). Die M10 habe ich auf ISO 1600 und ISO 800 eingestellt. Die Belichtungszeit bei 1600 lässt sich bis 32s wählen, bei 800 beträgt sie maximal 60s.
Ein Bild habe ich als Composing erstellt, Vordergrund 60s, Sterne 24s. Mir persönlich ist es vorn unnatürlich hell, zu hell.
Sowohl 24s als auch 32s Belichtung haben funktioniert, solange Orion in der Mitte des Himmels war. Rückt man ihn an den Rand, sind 24s schon kritisch. Dann werden deutliche Verzeichnungen und Sternenspuren sichtbar.
Für Pixel-Peeper, ja, das Objektiv hat Coma in den Ecken. Aus meiner Sicht ist es vertretbar, solange nicht die 100% Ansicht gewählt wird.
Die Lichtmenge, die sich in 32s einfangen lässt, genügt, um die Anfangsöffnung von 4.5 zu kompensieren. Warum 32s? Das sind die Vorgaben der einstellbaren Langzeitbelichtung bei der M10 bei ISO 800 und ISO 1600.
Hoffentlich ergeben sich bessere Gelegenheiten, mit dem Objektiv auf „Sternenjagd“ zu gehen. Die Bilder werden ergänzt, so sie durch die Qualitätskontrolle kommen.

Alternativen:

Leica Super Elmar 18mm f/3.8
Das gibt es meines Wissens nur gebraucht. Ich habe eins für € 2250 gefunden.

Zeiss Distagon T* 18mm f/2.8 ZM, ca. € 3000

Leica Tri-Elmar-M 16-18-21 f/4 ASPH. € 5350

Für das Super Wide Heliar 15mm f/4.5 habe ich € 514 bezahlt. Es ist ein gebrauchtes Exemplar. Der empfohlene Neupreis liegt bei € 749.

Hier möge jeder selbst entscheiden, was für sie/ihn am besten passt. Ich bin mit dem Voigtländer überaus zufrieden.

Bei Interesse: M Files 11 Distagon T 18 f/4 ZM https://www.messsucherwelt.com/m-files-11-zeiss-distagon-zm-liebe-auf-den-ersten-und-den-zweiten-blick/

Fazit:

Das Voigtländer Super Wide Heliar 15mm f/4.5 VM ist ein erstaunliches Objektiv an der Leica M10. Mit der extremen Brennweite lassen sich faszinierende Bilder erzeugen.
Die geringe Anfangsöffnung ist definitiv ein Nachteil. Auf der anderen Seite wird das feine Stück dadurch kleiner und handlicher. Zudem ermöglicht diese Konstruktion mit der Blende 4.5 das Vermeiden von Abbildungsfehlern, die sonst nur mit erheblichem Aufwand zu beherrschen wären.
Die Preisgestaltung macht es mir leicht, eine klare Empfehlung auszusprechen.

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